Deine Daten gehören Dir! Datenhandel bei den Einwohnermeldeämtern – Infostand am 29.9. in Hennigsdorf
Die Einwohnermeldeämter sind die Hüter unserer Daten. Jeder Bürger ist dort mit Namen, Adresse, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit und vielem mehr registriert. Was vielen nicht klar ist: diese Daten dürfen weitergegeben werden, bespielsweise an die GEZ, an Kirchen, an Adressbuchverlage und sogar für Wahlkampfzwecke an politische Parteien. Auch Firmen und Privatpersonen können Auskünfte einholen – und das bringt den Gemeinden bares Geld.
Die Piratenpartei wollte ergründen, in welchem Ausmaß die Daten der Oberhaveler weitergegeben werden. Wir haben daher an die Städte Oranienburg, Hennigsdorf, Hohen Neuendorf und Velten Anfragen nach dem brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz gestellt und wollten wissen, wie oft und von wem 2011 Daten abgefragt und welche Einnahmen dadurch erzielt worden sind.
Bislang hat leider nur die Stadt Velten unsere Anfrage beantwortet. 37.037 mal wurden die Meldedaten der Veltener 2011 abgefragt, bei weniger als 12.000 Einwohnern wurden also im Schnitt die Daten jedes Bürgers mehr als dreimal weitergegeben. Leider kann die Stadt nicht aufschlüsseln, wie viele diese Anfragen von anderen Ämtern und Behörden stammen, weil Bürger beispielsweise Leistungen beantragt haben, und wie viele von privaten Interessenten stammen. Ebensowenig konnte man uns sagen, welche Einnahmen durch Meldeauskünfte erzielt wurden; diese Information wird von der Verwaltung nicht erfasst.
Der Blick in andere Städte hilft hier weiter: das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL veröffentlichte kürzlich die Statistiken von 28 deutschen Großstädten. So kam Berlin 2011 auf 1,26 Millionen Anfragen, das sind 0,36 pro Einwohner. Fast 77% dieser Anfragen kamen von Firmen oder Privatpersonen, insgesamt machte die Stadt damit 1,8 Millionen Euro Umsatz. DER SPIEGEL rechnet hoch, dass 2011 bundesweit 56,4 Millionen Euro durch den Verkauf von Meldedaten eingenommen worden sind.
Dabei haben die Bürger auch die Möglichkeit, der Datenweitergabe zu widersprechen. Jeder Bürger kann beim zuständigen Einwohnermeldeamt seiner Heimatgemeinde einen Sperrvermerk eintragen lassen und damit die Weitergabe seiner Daten zumindest in einigen – leider nicht in allen – Fällen verhindern. Die entsprechenden Formulare gibt es direkt beim Bürger- oder Meldeamt.
Das neue Meldegesetz, am 28. Juni vom Deutschen Bundestag beschlossen, würde die Rechte der Bürger weiter einschränken und den Datenverkauf erheblich erleichtern. Auch wenn das Gesetz in dieser Form wahrscheinlich nicht in Kraft treten wird, zeigt es dennoch, dass von behördenseite ein großes Interesse am Datenhandel und den damit verbundenen Millioneneinnahmen besteht.
Die Piratenpartei fordert eine Umkehrung des bestehenden Rechts: statt der Weitergabe der eigenen Daten widersprechen zu müssen, sollte den Kommunen verboten werden, die Daten ohne ausdrückliche Erlaubnis der Betroffenen an Dritte weiterzugeben. Opt-In statt Opt-Out nennt man dieses Prinzip.
Bis es allerdings zu einer Gesetzesänderung kommt, bleibt den Bürgern nur der Sperrvermerk. Am Samstag, den 29.9. ab 10 Uhr informieren die PIRATEN Oberhavel mit einem Infostand am Havelplatz in Hennigsdorf über das Meldegesetz und die Widerspruchsmöglichkeiten. Bürger werden direkt vor Ort Widerspruchsformulare ausfüllen und abgeben können.