Piraten kritisieren Wählertäuschung durch Scheinkandidaten

Um Entscheidungen zum persönlichen Vorteil zu erschweren, dürfen Beschäftigte einer Kommune gemäß §12 des Brandenburger Kommunalwahlgesetzes (BbgKWahlG) nicht gleichzeitig dem zugehörigen Kommunalparlament angehören. Der genannte Paragraph bezieht sich jedoch lediglich auf die Wahrnehmung eines gewonnenen Mandats und schränkt die Kandidatur der betreffenden Person zunächst nicht ein. Dies gilt auch für Bürgermeister, die qua Amt bereits ohnehin der Kommunalvertretung angehören. Auch sie dürfen für eine Partei oder Wählergruppe kandidieren. Für den Fall, dass diese ein Mandat erringen, gelten für sie zunächst einmal die gleichen Regeln. Das bedeutet, dass der Wahlleiter nach erfolgreicher Wahl den Bewerber auffordert, seine im Widerspruch zum Mandat stehende Tätigkeit niederzulegen oder alternativ auf dieses zu verzichten. Verzichtet der Bewerber, so fällt der durch ihn errungene Sitz einem Nachrücker der jeweiligen Liste zu. Im Gegensatz zu den meisten Bürgermeisterämtern zählt das Mandat in einer Kommunalvertretung als Ehrenamt und wird entsprechend lediglich mit einer pauschalen Aufwandsentschädigung von derzeit maximal 300 Euro abgegolten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bürgermeister seine hauptamtliche, vergütete Tätigkeit zugungsten eines ehrenamtlichen Mandats in einer Kommunalvertretung, der er so oder so angehört, aufgibt, mag sich ein Jeder selbst ausrechnen.

Auch bei der letzten Kommunalwahl gab es diverse Fälle solcher Scheinkandidaturen. Beispielhaft seien hier Rheinsbergs Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler) und sein Mühlenbecker Kollege Filippo Smaldino-Stattaus (SPD) genannt. Beide waren zur Wahl ihrer Stadt- bzw. Gemeindevertretung angetreten und errangen deutlich ein Mandat, welches sie nie real auszufüllen gedachten. So entfielen auf Frank-Rudi Schwochow in Rheinsberg allein rund 23,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit brachte Schwochow über die Hälfte aller Stimmen für die Liste BVB/Freie Wähler auf die Waage. Ähnlich verlief es zur Wahl der Gemeindevertretung im Mühlenbecker Land. Hier entfielen auf Bürgermeister Smaldino-Stattaus 3.534 der ‭25.168‬ abgegebenen Stimmen. Auch er steuerte im Alleingang mehr als die Hälfte der Stimmen für die SPD bei. Der Kandidat der Piraten verpasste am Ende hauchdünn ein Mandat, obwohl er mehr Stimmen aufwies als alle Bewerber der SPD – mit Ausnahme Smaldino-Stattaus’. Auch auf Kreisebene kam es bei der letzten Wahl zu einer ganzen Reihe von Scheinkandidaturen. So wird die gewählte SPD-Kandidatin Jennifer Collin ihr Kreistagsmandat nicht antreten, da sie in leitender Tätigkeit bei der Stadt Velten beschäftigt ist. Gleiches gilt für Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse (CDU), der seine Mandate in Stadt und Kreis ebenfalls nicht antreten wird. Auch aus anderen Landkreisen wurden ähnliche Fälle von Scheinkandidaturen gemeldet.

Die Piratenpartei Nordbrandenburg sieht in dem Vorgehen ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit einen Versuch der Wählertäuschung. Zwar wurde dieser Sachverhalt zuvor in einigen regionalen Medien thematisiert, aber dennoch ist davon auszugehen, dass vielen Wählern die Umstände dieser Kandidaturen im Vorfeld der Wahl unbekannt blieben. In einem ähnlichen Fall hat sich die Piratenpartei bewusst gegen das Mittel dieser Scheinkandidaturen entschieden. So traten die Piraten in Bernau lediglich mit zwei Bewerbern an und verpassten den Einzug ins Stadtparlament nur um wenige Stimmen. Zuvor hatte Ulf Makarski auf eine Kandidatur verzichtet und war lediglich auf Kreisebene ins Rennen gegangen, da er als Erzieher im Dienste der Stadt Bernau ein mögliches Mandat für die Stadt ohnehin nicht hätte antreten können, ohne seine Anstellung aufzugeben.

Um diese Praxis künftig auszuschließen, plädieren die Piraten dafür, dass Mandate, die auf Grund der Unvereinbarkeitsklausel nicht wahrgenommen werden, künftig nicht mehr mit Nachrückern besetzt werden, sondern stattdessen frei bleiben sollten, um Scheinkandidaturen nicht weiter zu begünstigen. Hierfür müsste das entsprechende Gesetz auf Landesebene geändert werden. Im Falle eines Einzuges in den Landtag im September werden die Piraten sich hierfür einsetzen.

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