„Warum fahren Sie nicht Bus?“ – Piraten veröffentlichen Zwischenergebnis der Besucherumfrage

Im Zusammenhang mit der Diskussion zur besseren ÖPNV-Anbindung der Gedenkstätte Sachsenhausen ließ die Oberhavel Verkehrsgesellschaft (OVG) im Auftrag des Landkreises im Zeitraum vom 04.01. bis 29.01.2017 eine Fahrgastzählung auf der hierfür relevanten Buslinie 804 durchführen. Im Ergebnis dieser Zählung wurden die Kapazitäten der Linie 804 als ausreichend erachtet. Die Piratenpartei Oberhavel befürwortet grundsätzlich ein am tatsächlichen Bedarf orientiertes ÖPNV-Angebot, erachtet aber das gewählte Instrumentarium zur Bedarfsfeststellung im konkreten Fall für unzureichend. So kann eine Zählung tatsächlicher Fahrgäste naturgemäß nur jene Passagiere erfassen, die das Angebot auch wahrnehmen konnten und wollten. Aus diesem Grund sahen sich die Piraten veranlasst, die Zählung um eine Befragung jenes Personenkreises zu ergänzen, der die Gedenkstätte zu Fuß aufgesucht hatte. Hierfür wurde von unserem Kreistagsabgeordneten Axel Heidkamp eine kurze Umfrage in vier Sprachen verfasst, welche ermitteln sollte, weshalb Besucher die Gedenkstätte zu Fuß aufsuchten. Ergänzt wurde die Studie durch Befragung der unmittelbaren Anwohner. Die Befragung fand am 9. und 10. März 2017 statt. Ein erstes Zwischenergebnis dieser Befragung liegt nun vor.

Ergebnisse in Kurzform

  • Die Studie eröffnet den Blick auf bisher nicht beachtete Problemfelder. So sind zur realistischen Bedarfsfeststellung nähere Untersuchungen erforderlich, die über die bloße Erfassung tatsächlicher Fahrgastzahlen hinausgehen.
  • Das gegenwärtige ÖPNV-Angebot ist unzureichend bzw. wenig attraktiv. Insbesondere suchen mehr Besucher die Gedenkstätte zu Fuß als mit dem Bus auf. Über 70% der Befragten gaben hierbei ein nicht bedarfsgerechtes ÖPNV-Angebot als Ursache an. Das Potenzial zusätzlicher Fahrgäste während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte liegt bei bis zu 80% (gemessen am üblichen Fahrgastaufkommen).
  • Als wesentliches Problem wurde von den Befragten weniger die hohe Auslastung der Busse als vielmehr die lange Wartezeit benannt.
  • Die Zahl der Besucher, die die Gedenkstätte mit dem Bus verlassen ist noch einmal geringer, als die Zahl an Besuchern, die die Gedenkstätte mit dem ÖPNV anfahren.
  • Die Zahl der Fahrgäste, welche die Linie 804 ab der Gedenkstätte Richtung Malz nutzen, ist gering. Insbesondere findet kein messbarer Zustieg von Fahrgästen an der Haltestelle Gedenkstätte statt.
  • Weitere bauliche sowie kennzeichnerische Maßnahmen können zu einer Attraktivitätssteigerung des Busangebotes beitragen. Neben baulichen Schritten zählen hierzu auch kurzfristig und kostengünstig umsetzbare Maßnahmen, wie eine Verbesserung der Beschilderung. So bemängelte etwa die Hälfte der Befragten eine mangelhafte Ausschilderung der Gedenkstätte am Bahnhof. Weitere zehn Prozent der Befragten gaben an, auf dem Weg zur Gedenkstätte zu früh abgebogen zu sein, da ihnen Besuchergruppen aus Nebenstraßen entgegen kamen. So sei insbesondere die Doppelbeschilderung nach der Haltestelle „Str. der Einheit“/vor der Straße der Nationen irritierend. Ebenso kritisiert wurde auch der Zustand der Haltestelle. So fehlen diesem insbesondere Aschenbecher sowie ein überdachtes Wartehaus.
  • Die elektronische Anzeige der Abfahrtszeiten an der Gedenkstätte wird als unübersichtlich wahrgenommen. So wollen nahezu alle Fahrgäste ab der Gedenkstätte in Richtung Bahnhof fahren. Dies betrifft vor allem die internationalen Besucher der Gedenkstätte. Die Abfahrtzeiten Richtung Malz sind hingegen von geringem Interesse. Insbesondere konnte an beiden Tagen kein Zustieg von Personen Richtung Malz beobachtet werden. Vereinzelt kam es zu Unmut unter Personen, die in der Annahme, der nächste Bus führe Richtung Bahnhof vergeblich warteten während lediglich ein Bus Richtung Malz die Haltestelle anfuhr. Viele dieser Personen traten nach 20 Minuten Wartezeit den Weg Richtung Bahnhof zu Fuß an.
  • Unabhängig von der Frage nach der Verkehrsanbindung der Gedenkstätte bestehen weitere straßenbauliche Probleme, die die Lebensqualität der Anwohner z. T. massiv einschränken. Unter den Anwohnern führt vor allem der schlechte Zustand der Straße der Nationen zu Unmut. So verursacht der Verkehr auf dem Kopfsteinpflaster erhebliche Vibrationen, von denen teilweise sogar PKW-Alarmanlagen ausgelöst werden. Dies hat in Verbindung mit dem gestiegenen Verkehr zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Wohnsituation vieler Anwohner geführt. Für die unmittelbaren Anwohner der Gedenkstätte verschärft sich die Situation zusätzlich durch das permanente Motorenlaufen der wartenden Busse.

Rohdaten der Studie

Zeitraum der Befragung: 9. und 10. März 2017, jeweils in der Zeit von 10 bis 16 Uhr. Die Befragung mittels Fragebogen fand dabei vor dem Besuch der Gedenkstätte statt. Weitere Anregungen wurden Interviews mit wartenden Fahrgästen entnommen.

Erfassungsort: Zugang zur Gedenkstätte über die Straße der Nationen. Nicht erfasst werden konnten Besucher, die die Gedenkstätte über die Nebenstraße erreicht oder verlassen haben.

Warum fahren Sie nicht mit dem Bus (zur Gedenkstätte)? 9. März 2017 10. März 2017 Gesamt
Befragte Personen 299 383 682
davon angegeben: „Wartezeit zu lang“: 130 251 381
davon angegeben: „Bus zu voll“: 42 65 107
davon angegeben: „Gehe gern zu Fuß“: 127 67 194
Potenzielle Fahrgäste: 172 316 488

Vergleich: Tatsächliche Nutzungszahlen der Buslinie 804 an der Haltestelle „Gedenkstätte“ im gleichen Untersuchungszeitraum

9. März 2017 10. März 2017 Gesamt
Besucher aus Richtung Bahnhof Oranienburg kommend: 235 193 428
Besucher aus Richtung Malz kommend: 0 4 4
Besucher Richtung Bahnhof Oranienburg verlassend: 160 165 325
Besucher Richtung Malz verlassend: 0 0 0
Sonstige Fahrgäste mit Weiterfahrt Richtung Malz: 62 92 154
Sonstige Fahrgäste mit Weiterfahrt Richtung Bahnhof Oranienburg: 138 135 273

Lösungsvorschläge

  • Verlängerung der Buslinie 824 über die Stralsunder Str, Dr.-Heinrich-Byk-Str., André-Pican-Str., Str. der Einheit, Str. der Nationen zur Gedenkstätte
  • Ausbau des Busparkplatzes vor der Gedenkstätte inkl. Wendeschleife sowie Einrichtung einer Bushaltestelle mit Wartehaus und einer elektronischen Anzeige der Abfahrtszeiten getrennt nach Fahrtrichtung
  • Verbesserung der Beschilderung des Weges zur Gedenkstätte ab dem Bahnhof Oranienburg
  • Asphaltierung der Straße der Nationen zur Verminderung der Geräusch- und Erschütterungsbelastung der unmittelbaren Anwohner
  • Anbringen einer Beschilderung am Parkplatz, wonach wartende Busse den Motor abzustellen haben. Ggf. Ansprache bzw. Kontrolle durch das Ordnungsamt

Weitere Anmerkungen zur Studie

  • Die Befragung fand an zwei Tagen mit unterschiedlichen Witterungsbedingungen statt. Während am 9. März 2017 überwiegend sonniges Wetter vorherrschte, war der 10. März 2017 von einem leichten Nieselregel geprägt. Der Einfluss der Witterungsbedingungen auf das Ergebnis der Befragung wurde nicht näher untersucht.
  • Nach Aussage des Besucherdienstes werden keine zeitgenauen Besucherdaten erfasst, da es der Gedenkstätte an einem „Flaschenhals“ ( Kasse/zentraler Eingang) fehle. Lediglich über die Vermietung der Übersetzungsgeräte und angemeldete Gruppen können Daten erfasst werden. Ein Abgleich der Daten mit Besucherzahlen der Gedenkstätte ist daher nur eingeschränkt möglich.

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